Zum Hauptinhalt springen

Zum 65. Jahrestag der Ermordung Ernst Thälmanns

Erklärung des Sprecherrates der Historischen Kommission

Der 65. Jahrestag der Ermordung Ernst Thälmanns ist Anlass des aufrechten Kommunisten und Antifaschisten zu gedenken, der seit der Mitte der zwanziger Jahre bis zu seinem Tod an der Spitze der Kommunistischen Partei Deutschlands stand.

Die Partei DIE LINKE wurzelt in verschiedenen Traditionszusammenhängen und steht in einem reichen und fruchtbaren wie auch tragischen und schuldvollen Erbe. Neben sozialdemokratischen und linkssozialistischen Traditionen gehören die des deutschen Kommunismus zu den prägenden ihres historischen Selbstverständnisses. Es ist die Partei Rosa Luxemburgs, Karl Liebknechts, Clara Zetkins, Paul Levis und August Thalheimers, der sich die Linkspartei vor allem verbunden fühlt.

Der KPD ist aber auch nicht ohne Ernst Thälmann zu gedenken. Der Kampf hunderttausender Proletarier gegen Militarismus, Faschismus und Krieg wird immer mit seinem Namen verbunden bleiben.

Ernst Thälmann kam als 39jähriger an die Spitze der Partei. Nach schweren Klassenkämpfen und komplizierten innerparteilichen Auseinandersetzungen stand er vor Aufgaben, die ein Höchstmaß an intellektuellen und politischen Fähigkeiten abverlangten. Es war dies die Zeit, in der sich der Stalinismus zunehmend in der internationalen kommunistischen Bewegung durchsetzte.  Ernst Thälmann trug diese Entwicklung voller Überzeugung mit. Die Sowjetunion und die Politik ihrer Führung blieb für ihn Zeit seines Lebens nicht hinterfragtes Vorbild. Die Stalinisierung der weltweit größten kommunistischen Partei außerhalb der Sowjetunion gehört zu den tragischen Kapiteln der Geschichte des deutschen Kommunismus.

Für die sich konstituierende Partei des demokratischen Sozialismus gehörte deshalb zum Bruch mit dem Stalinismus als System unverzichtbar auch die kritische Auseinandersetzung mit der Geschichte der KPD.

Mangels demokratischer Legitimation leiteten die Führungen der SED ihren Herrschaftsanspruch nicht zuletzt aus dem von ihnen geschaffenen Mythos um Ernst Thälmann und der Kontinuität des jeweiligen Politbüros zum "Thälmannschen Zentralkomitee" ab. Kritisches Hinterfragen der Thälmann-Legende war unerlaubt. Der Thälmann-Mythos in der DDR hatte mit der historischen Person Thälmanns nur noch wenig zu tun. Dabei erweist sich der Mensch aus Fleisch und Blut als interessante und widerspruchvolle Gestalt, dessen Leben über das vergangene Jahrhundert weit mehr auszusagen vermag als die zur Ikone des Thälmann-Mythos erstarrte Figur.

Im Umfeld von PDS/Linkspartei wurde in den zurückliegenden Jahrzehnten intensiv zu diesen Themen geforscht. Konturen eines neuen vielschichtigen und pluralen Bildes der Geschichte des deutschen Kommunismus sind entstanden. In ihm hat Ernst Thälmann seinen Platz.

Ernst Thälmann wurde nicht demontiert. Er wird als kämpfender, irrender, strategisch überforderter, dem Stalinismus dienender, leidender, standhafter, 1939 überraschter, der Haft Tribut zollender, als von Stalin und seinen Gesellen gedemütigter und  schließlich vorsätzlich fallen gelassener gezeichnet. Er ist keine Ikone mehr. So hat die Linke ihn zurück gewonnen.