Die Historische Kommission erinnert an Herbert Wolf (1925-2022)
Vor wenigen Tagen erreichte uns die Nachricht vom Ableben des Wirtschaftswissenschaftlers Herbert Wolf. Der emeritierte Professor erwarb sich besondere Verdienste als Sachverständiger in der Enquete-Kommission des Deutschen Bundestages „Aufarbeitung der Geschichte und Folgen der SED-Diktatur in Deutschland“. In dieser Funktion hatte er maßgeblichen Anteil an der Vorbereitung und Ausarbeitung des Sondervotums der PDS/Linke Liste vom Sommer 1994, in dem die Schwächen des Enquete-Berichts und seiner eindimensionalen Urteile aufgezeigt wurden. Die bereits damals angemahnte Notwendigkeit „einer sachlichen und differenzierten Aufarbeitung der DDR-Geschichte“ findet inzwischen größere Akzeptanz, hat sich jedoch bei einigen immer noch nicht durchgesetzt. Aus der Zusammenarbeit mit der Historischen Kommission gingen in den 1990er Jahren die von Dietmar Keller verantworteten Bände „Ansichten zur Geschichte der DDR“ hervor.
Die Erfahrungen des Krieges führten Herbert Wolf in die Reihen der KPD und in die SED. Er wurde Neulehrer, begann ein Studium an der Leipziger Universität und konnte sich 1952 zum Dr. rer. oec. promovieren. Wenige Jahre später gehörte er zu der Gruppe um Fritz Behrens und Arne Benary. Herbert Wolf war in den 1960er Jahren auch an der Ausarbeitung des „Neuen Ökonomischen Systems der Planung und Leitung der Volkswirtschaft“ beteiligt, das eine Reform der DDR-Wirtschaft bewirken sollte. Über etliche Zwischenstationen als Hochschullehrer sowie in staatlichen und Parteifunktionen hatte er von 1972 bis 1990 eine Professur für Politische Ökonomie des Sozialismus an der Hochschule für Ökonomie Berlin-Karlshorst inne. Fragen nach den Möglichkeiten einer linken Wirtschaftspolitik beschäftigten ihn noch bis ins hohe Alter.
Jürgen Hofmann