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Die Historische Kommission trauert um Detlef Nakath

Wenige Wochen vor seinem 72. Geburtstag verstarb am 3. Oktober 2021 nach kurzer schwerer Krankheit der Historiker Detlef Nakath. Er gehörte zu den Gründungsmitgliedern der Historischen Kommission der PDS, die sich im Juni 1990 aufmachten, in kritischer und selbstkritischer Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte einen Beitrag zur Erneuerung der Partei zu leisten und Mitglieder und Sympathisanten für ein demokratisches Geschichtsbild und für Meinungspluralismus zu sensibilisieren. Diesem Gremium gehörte er bis 2007 an. Als Herausgeber und Autor hat er sich in diesen Prozess eingebracht. Er gehörte zu Herausgebern des Protokollbandes des Außerordentlichen Parteitages der SED/PDS vom Dezember 1989, wirkte an den Handbüchern über die SED und verschiedener Massenorganisationen der DDR mit. In mehreren Publikationen gewährte er Einblicke in die Geschichte der deutsch-deutschen Beziehungen und in das Verhältnis der Führungsebenen von SED und KPdSU. Allesamt sind sie inzwischen Grundlagen- und Quellenwerke für die Forschung. Besondere Erwähnung verdient das 2006 erschienene Handbuch zur „Deutschen Zeigeschichte von 1945 bis 2000“, zu dessen Herausgebern er ebenfalls zählte. In einer Zeit, in der sich der Fokus recht einseitig auf die „Folgen der SED-Diktatur“ richtete, gelang es ausgewiesene Wissenschaftler und Publizisten aus Ost und West für ein gemeinsames Projekt zusammenzuführen, in dem die Geschichte beider deutscher Staaten, ihrer wechselseitigen Beeinflussung und des vereinigten Deutschlands beleuchtet wurde.

Detlef Nakath war nach seinem Studium der Geschichte und des Völkerrechts von 1977 bis 1994 Assistent, Oberassistent und Hochschuldozent an der Humboldt-Universität zu Berlin. Obwohl er zu den wenigen ausgewiesenen Fachleuten zum Thema deutsch-deutsche Geschichte gehörte, war ihm ein Verbleib an der Universität nicht vergönnt. Er fand in den Folgejahren in verschiedenen Projekten und in der Rosa-Luxemburg-Stiftung neue Arbeits- und Wirkungsmöglichkeiten. Wir verlieren einen ehemaligen langjährigen Mitstreiter und außerordentlich produktiven Wissenschaftler.

Jürgen Hofmann