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Die Historische Kommission trauert um Reiner Zilkenat (1950–2020)

In zwei Wochen wollte er auf der Leipziger Buchmesse den neuen Sammelband vorstellen, der aus einer Konferenz zum 70. Jahrestag der doppelten deutschen Staatsgründung hervorging und den er als einer der Herausgeber mit verantwortete. Die Reise zur Messe wird er nicht mehr antreten können. Vor wenigen Tagen, am 26. Februar, ist Reiner Zilkenat plötzlich und unerwartet verstorben. Die marxistisch orientierte Geschichtswissenschaft verliert einen bekennenden Linkssozialisten, produktiven Kollegen und zuverlässigen Netzwerker. Sein fachliches Rüstzeug erwarb er sich in den 1970er Jahren an der Freien Universität und an Technischen Universität Berlin. Am Übergang zu den 1980ern gehörte er zu den Nachwuchswissenschaftlern, die mit der Ausstellung "Preußen - Versuch einer Bilanz" der Preußenrezeption neue Wege öffneten. Gemeinsam mit Peter Brandt legte er ein Lesebuch zu Geschichte Preußens vor. Eine akademische Karriere blieb dem Mitglied der Sozialistischen Einheitspartei Westberlins jedoch im Westteil der Stadt verwehrt. Er wurde im Ostteil promoviert. Auch nach 1989/90 blieb er, Positionen selbstkritisch prüfend, seinen Überzeugungen treu. Den historischen Erfahrungen und aktuellen Erfordernissen des Antifaschismus galt sein besonderes wissenschaftliches und politisches Interesse. In der PDS und in der LINKEN fand er eine Heimat und ein Betätigungsfeld in der Bundesarbeitsgemeinschaft Antifaschismus und bei deren Rundbrief. Über viele Jahre war er Vorsitzender des Förderkreises Archive und Bibliotheken zur Geschichte der Arbeiterbewegung. Als Autor, Referent, Organisator von Konferenzen und Herausgeber hat sich Reiner Zilkenat immer wieder in die Geschichtsdebatten eingebracht. Die Historische Kommission verliert einen wichtigen Gesprächs- und Kooperationspartner. Seine Fähigkeit, mit feiner Ironie aufgeladene Diskussionen zu entkrampfen, wird fehlen.

Jürgen Hofmann