Historische Kommission beriet über deutsche Revolution 1918/19
Die Historische Kommission hat auf ihrer Tagung am 18. Oktober 2008 über den Platz der Novemberrevolution von 1918 in der historischen Erinnerungskultur beraten. Sie sieht die deutsche Revolution von 1918/19 als Teil der Weltkriegsrevolutionen in Mittel- und Osteuropa, die den Zusammenbruch der aus der "Heiligen Allianz" von 1815 überkommenden Autokratien des Kontinents bewirkten und somit das Europa des 19. Jahrhunderts umwälzten. Sie war die erste Revolution in einer großindustriellen Gesellschaft. Mit der am besten organisierten Arbeiterschaft der Welt und der politisch erfahrensten Sozialdemokratie und Gewerkschaft bestanden die Voraussetzungen für eine Erweiterung der tradierten bürgerlich-parlamentarischen Demokratie durch eine soziale Demokratie. Erstmals bestand die historische Chance, das Freiheitsversprechen der französischen Revolution durch deren Solidaritätsversprechen zu ergänzen. Mit der Rätedemokratie hatte das Proletariat spontan eine Form der direkten Selbstverwaltung geschaffen, deren verfassungsrechtliche Integration in die parlamentarische Demokratie denkbar war. Die Begrenzung der Revolution auf bürgerlich-parlamentarische Ziele und die blutige Niederschlagung ihres linken Flügels bleibt von der sozialdemokratisch geführten Regierung zu verantworten. Dem intensiven Meinungsaustausch lag ein Papier von Hartmut Henicke (Berlin) und Mario Hesselbarth (Erfurt) zugrunde.